So, meine Bachelorarbeit ist abgegeben, die Prüfungen sind bald vorbei. Meine Zeit an der Uni ist bald (vorerst?) zuende und ich dachte, dass ich hier daher endlich mal etwas Sinnvolles und Kreatives tun würde und ein neues Werk posten würde. Naja, nachdem ich endlich mit einem sinnlosen Schriftstück fertig bin, dass eh nur von 0,5 Menschen gelesen werden wird. Doch anstatt meine aufrichtigen Gedanken und Gefühle offen mit einem neuen Bild zu zeigen, muss ich mich in diesem Post doch nur wieder hinter aggressivem, polemischem Geschreibsel verstecken. Und zwar wegen der Uni. Was soll ich sagen, die Uni bringt mich dazu, hier wieder als ein wütender und verbitterter Mensch aufzutreten. Fick die Uni, wie man so schön sagt.
Nicht nur, dass die Uniabteilung an der ich studiere, voller Baldrentner mit verstaubten didaktischen Methoden und überholten Informationen ist. Nicht nur, dass ich die vernünftigen Menschen unter den Lehrkräften, die ich tatsächlich auch für Menschen und nicht für Aliens halte, an einer Hand abzählen kann. Nein: Alte, Katzenoma-Dozentinnen, die die Studenten als "Kinderchen" bezeichnen; Midlife-Crisis-Motorrad-Professoren, die stolz sind, Studenten durchfallen zu lassen; peinliche Schweißfleck-Eunuchen, die Studentenpärchen nach ihren Beziehungen fragen - das sind halt noch alles Dinge zwischen Realsatire und Ärgernis. Darüber lästert man bestenfalls im Aufzug und regt sich schlimmstenfalls rauchend auf. Und was wäre ein Studium ohne solche mehr oder weniger harmlose "Schrulligkeiten"? Dann hätte es doch keine Würze... (Oder meine Toleranz gegenüber diesen ganzen Intellektuellen-Parodien hat sich zu einem leichten Masochismus entwickelt...)
Wie auch immer, ich will sagen, dass die vielen vielen unangenehmen Gestalten und Vorfälle an meiner Uniabteilung noch harmlos sind im Vergleich zu dem Grad der Bösartigkeit, die ich dieses Semester erlebt hab. Ich spreche hier von einem ganz besonderen Exemplar einer Lehrkraft. Der Einfachheit halber nennen wir dieses Alien, dass sich die Haut eines kleinen dicken alten Mannes übergezogen hat, Prof. Waldefried Hetz.
Prof. Hetz leitet in seinem letzten Jahr vor der Rente ein Seminar, in dem er zwar mit uns, den Studenten, (zum Thema Europa) arbeiten soll. Dabei nutzt er aber gern ein Drittel bis eine Hälfte der Unterrichtszeit dazu, vor den jungen und vermeintlich leicht beeinflussbaren Studenten Hasspredigten zu halten. Ich dramatisiere über? Keinesfalls. Um die Bösartigkeit von Prof. Hetz zu verdeutlichen, dürfte es genügen, seine Aussagen aus diversen Seminaren zu zitieren (zu denen ich leider gegengen bin, anstatt einfach zu schlafen).
Prof. Hetz hat eher eine konservative Sicht der Dinge. Vor allem glaubt er nicht an die Natürlichkeit oder auch nur die gleichberechtigte Stellung von Homosexualität gegenüber Heterosexualität. Indirektes Zitat:
"...wir mussten früher in der Schule unbedingt ein bis zwei Gedichte rezitieren. Mein Sohn dagegen muss das nicht. Dafür hat er Sexualkundeunterricht. Er ist gerade zwölf Jahre alt und ist dafür schon gefragt worden, ob er homosexuelle Erfahrungen gemacht hat. Ihm wird also erzählt, dass das etwas Natürliches ist, das müssen Sie sich mal vorstellen... Ich habe in der Schule protestiert, doch das gehört jetzt zum Lehrplan, haben sie gesagt... Wenn Sie sich über das antike Griechenland belesen, dann werden Sie feststellen, dass genau diese Denkweise zum Untergang dieser Kultur geführt hat. Und das wird früher oder auch später zum Untergang der europäischen Zivilisation führen."
Prof. Hetz scheint aber nicht nur an die Überlegenheit von heterosexuellen Menschen zu glauben, und mit Unwissen über die Aufspaltung und den Untergang des antiken Griechenlands zu glänzen. Sondern scheint er auch von der Überlegenheit einiger indoeuropäischer Ethnien (vorzugsweise derjenigen mit der helleren Haut) gegenüber anderen überzeugt zu sein. Indirekte Zitate:
"...Die Basken und die Georgier sind einigen Theorien zufolge verwandte Volksgruppen. Sie sind eher den Arabern näher als den Europäern."
"...ja, der baskische Terror ist eine ganz furchtbare Sache. Das habe ich selbst miterlebt. Was soll ich sagen, diese Neigung zum Terrorismus ist..." direktes Zitat: "...keine europäische Mentalität."
Ich frage mich auf welche raffinierte Weise Prof. Hetz es eigentlich zur Habilitation gebracht hat, ohne jemals von der RAF oder IRA gehört zu haben. Er scheint bei sich zuhause wohl auch kein Radio, Fernsehen oder Internet zu empfangen, denn anderweitig kann ich es mir nicht erklären, wie er noch nie von Anders Breivik oder Beate Zschäpe gehört oder ein Bild von diesen Menschen gesehen hat. Aber davon mal abgesehen, Prof. Hetz ist halt einfach ein großer Fan von Europa. Indirektes Zitat:
"Das Konzept Europäische Union ist meiner Meinung nach der Höhepunkt menschlicher Kultur und Zivilisation."
Ja... Prof. Hetz ist wirklich ein großer Fan von Europa und auch der EU, die Art Fan, die neben einem sein T-Shirt auszieht und seinen verschwitzten Körper, in dem Versuch eine Moshpit zu starten, immer wieder gegen einen schmeißt, und einen dabei auch noch mit Bier übergießt. Doch sogar was sein geliebtes Europa angeht ist er wählerisch. So gibt es in EU-Ländern, seiner Meinung nach, noch einige minderwertige Bevölkerungsgruppen. Indirektes Zitat:
"Ich hatte immer Angst, nach Rumänien zu verreisen. Doch nun war ich da und es war doch ganz gut. Wissen Sie ein Kollege hat mir erzählt, dass ihm in kürzester Zeit ein ganzes Auto auseinander genommen wurde." direktes Zitat: "Gut, aber das sind Zigeuner. Das ist ja eine andere Rasse..."
...und muss ich es an dieser Stelle noch weitere Beispiele für den unglaublichen Bullshit dieses Mannes bringen? Ja, das letzte ist wirklich ein direktes Zitat. Reicht dieser Eindruck von Prof. Hetz nun, um zu verstehen, warum ich überzeugt bin, dass seine Bösartigkeit nicht ansatzweise von den anderen Gestalten der genannten Uniabteilung übertroffen werden kann? Er ist eine ganz andere Liga von Alien. Mein Hass auf ihn fühlt sich auch fast schon an wie ein Parasit, der in meinen Innereien wühlt und irgendwann durch meinen Brustkorb nach Außen herausbrechen wird. ***Achtung, Bierkutscher-Wortschatz!*** Prof. Hetz ist einfach der schlimmste bigotte, heuchlerische, selbstverliebte, arrogante, homophobe, rassistische, schleimerische, egozentrische, hetzerische, xenophobe kleine psychisch gestörte Wichser, dem ich jemals begegnet bin. Und ich warte nur auf den Tag, an dem ich ihm zufällig auf der Straße begegne, um ihm das alles ins Gesicht sagen zu können.
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Montag, 16. Juli 2012
Dienstag, 15. November 2011
Niemand kann ein Künstler werden wollen
Verwirrender Titel.
Aber ich bin ja auch verwirrt. So geht es einem Menschen, der fast einen
ersten akademischen Abschluss hat und feststellt, dass das was er tut, nicht
das ist, was er tun sollte. Ich studiere Übersetzen, ein uneheliches Kind von
Geistes- und Kommunikationswissenschaft. Das klingt jetzt negativer als es ist.
Es macht natürlich nur Spaß in der praktischen Anwendung, die Theorie ist schon
langweiliger, und das wissenschaftliche Arbeiten ist gar lästig. Vielleicht bin
ich nicht zur Akademikerin berufen, aber der Norm- und Ordnungszwang der Bibliographie-Richtlinien
allein muss wohl dem Vogonen-Planeten entsprungen sein. Von persönlichen
Antipathien gegenüber einigen Dozenten mal abgesehen... egal, ich schweife ab:
Ich wollte, seit ich einigermaßen bewusst und windelfrei lebe, immer nur
zwei Dinge tun: Geschichten schreiben und Bilder malen. Oft habe ich diese
beiden Passionen verdrängt, doch sie kamen immer wieder hoch, wie ein Ball, den
man im Schwimmbad unter Wasser drückt. Dann habe ich beschlossen, etwas zu
studieren, was mir zwar gut gefällt, was aber nicht meine Passion ist. Und zwar
bewusst beschlossen. Und jetzt – Überraschung! – stelle ich fest, dass ich
lieber etwas anderes tun will, lieber etwas anderes sein will. Natürlich will
ich ein Künstler sein, aber was ich nicht will, ist Künstler werden.
Wo ist der Unterschied? Nun, ich glaube, manche Künstler verbringen ihr
Leben auf Sparflamme, wartend, gehemmt durch die eigenen Erwartungen an sich
selbst. Manche warten auf den Moment der Größe und wollen gleich der nächste
Dalí (für Literaten wahlweise – Goethe) sein. Sie wollen, dass ihre Kunst sie
überlebt und vielleicht noch zu Lebzeiten berühmt macht. Und damit – glaube ich
– wollen sie die Kunst instrumentalisieren. Der Zweck der Kunst ist dann nicht
sie selbst, sondern der Künstler.
Manche Künstler dagegen widmen sich ganz ihrer Passion, werden
Illustratoren oder Berufsschreiberlinge und fragen sich dann, warum das, was
sie tun, plötzlich ein Handwerk ist, und keine Leidenschaft mehr und warum sie
sich manchmal zum Arbeiten zwingen müssen, wo es doch früher solchen Spaß
gemacht hat.
Aber am besten haben es eigentlich diejenigen verstanden, die als Kellner
und Kassierer arbeiten und abends in ihrem Kämmerlein malen bzw. wild auf dem
Laptop rumtippen. Ich vertrete ja die durchaus radikale Ansicht, dass Kunst
frei bleiben muss, niemals fremdbestimmt, nicht gebunden an Aufträge – denn dann
wird sie zur Interpretation, oder vor allem Geld – denn dann wird sie zum
Handwerk. Ein Paradebeispiel dafür ist die russische Literatur des Goldenen
Zeitalters (frühes 19 Jahrhundert). Wahre Klassik, geschrieben ausschließlich
vom Adel, der frei war von existenziellen Sorgen, pragmatischen Problemchen und
sonstigen Zahnschmerzen und somit in seinen Entfaltungsmöglichkeiten auch
völlig uneingeschränkt.
Das ist der Grund, warum ich mir einen Beruf ausgesucht habe, der nicht
meine Passion ist. Wenn es schon Geld oder Liebe sein soll, dann doch bitte
nicht gleich die große Liebe. Schade ist nur, dass ich das zum Zeichnen
gehörende Handwerk nicht systematisch sondern stückchenweise und aus verschiedensten
Quellen lerne.
Ich will jetzt übrigens nicht sagen, dass jeder, der aus seiner Liebe
seinen Beruf macht, falsch liegt. Nein, ich finde diesen Mut sogar sehr
bewundernswert. Aber die höchste und lobenswerteste Motivation, kreativ zu
werden, ist meiner Meinung nach, nicht potentieller Ruhm oder Geld, sondern
immer die Idee und die Erschaffung selbst. Und während dieses
Schaffensprozesses ist man ein Künstler, und wenn man kurz vom Schreibtisch
aufsteht, um eine rauchen zu gehen, ist man es nicht. Deswegen behaupte ich:
Man kann nicht Künstler werden, man kann auch nicht Künstler werden wollen,
sondern nur Künstler sein. Und man ist es dann auch sein ganzes Leben lang,
aber mit Pausen, und zwar wenn man gerade kellnern bzw. übersetzen muss.
Samstag, 15. Oktober 2011
Slutwalk in meiner Stadt
Ich bin den Schlampenmarsch gelaufen. Zwar waren für nackte Haut in Leipzig in Oktober nicht die passenden Temperaturen, aber dafür habe ich meiner Unterstützung mit selbstgestalteten Plakaten Nachdruck verliehen:
Vielen Dank an Susanne für ihre enthusiastische Unterstützung und ihren Einsatz als Plakatpartnerin.
P.S: Die Presse mochte meine Werke übrigens auch.
26.10.11 c.a. 03:00 Uhr
Schlampe! Fotze! Hure! - Nachtrag zum Slutwalk
Viele Menschen verstehen nicht, was es mit den Schlampenmarsch auf sich hat. Viele Frauen fühlen sich beleidigt durch die Prämisse, dass alle Frauen Schlampen sind. Sie befürchten, dass das weibliche Geschlecht durch die Übersexualisierung seiner selbst noch weniger von den Männern ernst genommen wird. Und hardcore Feministinnen der zweiten Welle haben vermutlich schon ganz platte Nasen vor lauter "Facepalms". Egal, ich stehe der dritten Welle des Feminismus und in gewisser Weise auch dem sexpositiven Feminismus positiv gegenüber. Und ich stehe zu dem Slutwalk. Und hier der Grund, warum:
Alle Frauen sind Schlampen. Keine Frau ist eine Schlampe. "Schlampe" ist für mich ein Wort ohne Inhalt und Relevanz. Denn "Schlampe" ist kein objektiv definierter Begriff, das Wort "Schlampe" ist vielmehr ein Instrument, und zwar - fucking ja - ein urpatriarchalisches Instrument der Unterdrückung. Von Frauen. Durch die Unterdrückung ihrer Sexualität.
Um jemanden als Schlampe zu bezeichnen gibt es keine festgelegten Kriterien, dieses Wort wird nicht in Zusammenhang mit bestimmten Umständen zum Verhalten einer Frau verwendet, sondern vielmehr im Zusammenhang mit Umständen, die jeder für sich selbst definiert, sie sind von persönlichen Geschmack abhängig, und das kann eigentlich alles sein:
"Mir gefällt es nicht, dass eine Frau viele Sexualpartner hat" Übersetzung: "Von einer gesunden weiblichen Libido fühle ich mich bedroht, denn ich kann diese nicht - und die Frau somit ein Stück weniger - kontrollieren." - "Schlampe!"
"Mir gefällt es nicht, dass eine Frau mit jemandem Schluss gemacht hat und einen neuen Freund hat" Übersetzung: "Wie kann sie nur..? Wie kann sie es wagen, einen Mann unglücklich zu machen, als Frau, (die sind es doch, die immer leiden sollen, aber ein Mann... OMG!" - Schlampe!
"Diese bunten kurzen und auffälligen Klamotten sehen nuttig aus" Übersetzung(en): "Sie traut sich, aufzufallen. Und das gefällt Leuten auch noch. Warum beachtet man mich nicht so sehr"/"Ich mag ganz einfach ihre Klamotten nicht." - Schlampe!
"Sie hat zwei Typen gleichzeitig." Übersetzung: "Sie lebt nicht in der von mir bevorzugten Beziehungsform" - Schlampe!
"Sie ist halt ne Schlampe!" Übersetzung: "Wie kann sie es wagen, sich nicht meinen Konventionen anzupassen!"
Abhängig von der Definition kann man jede, wirklich jede Frau als Schlampe bezeichnen. Dieses Wort ist lediglich eine Tarnung, und zwar eine ziemlich heuchlerische noch dazu, für die eigene Intoleranz eines bestimmten Lebensstils. Und rührt diese Intoleranz eben aus dem klassischen patriarchalischen Gesellschaftsmodell, das unter anderem den Bestandteil der Kontrolle des weiblichen Geschlechts hat. Und das weibliche Geschlecht kontrolliert man am besten indem man seine Sexualität kontrolliert (Beschneidung sag ich da nur). Daher gibt es die Heilige-Hure-Dualität. Die guten, kontrollierbaren Frauen (bzw. die gänzlich ohne Sexualität wie Mutti) sind die Madonnen und die anderen sind eben "Schlampen!". Und die, ja die haben es nicht besser verdient, als vergewaltigt zu werden, wenn sie nicht brav sind.
Ich will dieses Modell auflösen. Ich will dieses Wort kaputtficken. Ich will, dass es jegliche Bedeutung verliert, dass es verschwindet, oder, dass es meinetwegen als Worthülse bleibt, dafür aber keine moralische Keule mehr mit sich schwingt. Ich will, dass es dieses Konzept nicht mehr gibt, und als Mittel bin ich gern bereit, Worte umzudefinieren. Und wenn der Umdefinierungsprozess provozierende Maßnahmen und den In-Your-Face-Effekt von provozierender Kleidung erfordert, dann bin ich bereit, auch diese Mittel einzusetzen.
Frauen, ihr seid nicht gut oder schlecht aufgrund eurer Sexualität, eurer Attraktivität, eurer Kleidung oder eures Liebeslebens. Ihr seid gut oder schlecht, wenn ihr anderen schadet oder nützt.
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Her lips say NO... |
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...but her eyes say NO |
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Ihrs |
Pink ist Trendfarbe |
Love sex, hate rape... and love music too! |
Tapfere Miniröcke |
It's okay to be gay too... |
...even Madonna is gay sometimes! |
Die coolen pinken Trommler |
Genau, Diskriminierung ist eh nicht angesagt |
Und "Nein" heißt "Nein" |
Umfunktionierte Möbelkartons, nun im Besitz von Susanne |
P.S: Die Presse mochte meine Werke übrigens auch.
26.10.11 c.a. 03:00 Uhr
Schlampe! Fotze! Hure! - Nachtrag zum Slutwalk
Viele Menschen verstehen nicht, was es mit den Schlampenmarsch auf sich hat. Viele Frauen fühlen sich beleidigt durch die Prämisse, dass alle Frauen Schlampen sind. Sie befürchten, dass das weibliche Geschlecht durch die Übersexualisierung seiner selbst noch weniger von den Männern ernst genommen wird. Und hardcore Feministinnen der zweiten Welle haben vermutlich schon ganz platte Nasen vor lauter "Facepalms". Egal, ich stehe der dritten Welle des Feminismus und in gewisser Weise auch dem sexpositiven Feminismus positiv gegenüber. Und ich stehe zu dem Slutwalk. Und hier der Grund, warum:
Alle Frauen sind Schlampen. Keine Frau ist eine Schlampe. "Schlampe" ist für mich ein Wort ohne Inhalt und Relevanz. Denn "Schlampe" ist kein objektiv definierter Begriff, das Wort "Schlampe" ist vielmehr ein Instrument, und zwar - fucking ja - ein urpatriarchalisches Instrument der Unterdrückung. Von Frauen. Durch die Unterdrückung ihrer Sexualität.
Um jemanden als Schlampe zu bezeichnen gibt es keine festgelegten Kriterien, dieses Wort wird nicht in Zusammenhang mit bestimmten Umständen zum Verhalten einer Frau verwendet, sondern vielmehr im Zusammenhang mit Umständen, die jeder für sich selbst definiert, sie sind von persönlichen Geschmack abhängig, und das kann eigentlich alles sein:
"Mir gefällt es nicht, dass eine Frau viele Sexualpartner hat" Übersetzung: "Von einer gesunden weiblichen Libido fühle ich mich bedroht, denn ich kann diese nicht - und die Frau somit ein Stück weniger - kontrollieren." - "Schlampe!"
"Mir gefällt es nicht, dass eine Frau mit jemandem Schluss gemacht hat und einen neuen Freund hat" Übersetzung: "Wie kann sie nur..? Wie kann sie es wagen, einen Mann unglücklich zu machen, als Frau, (die sind es doch, die immer leiden sollen, aber ein Mann... OMG!" - Schlampe!
"Diese bunten kurzen und auffälligen Klamotten sehen nuttig aus" Übersetzung(en): "Sie traut sich, aufzufallen. Und das gefällt Leuten auch noch. Warum beachtet man mich nicht so sehr"/"Ich mag ganz einfach ihre Klamotten nicht." - Schlampe!
"Sie hat zwei Typen gleichzeitig." Übersetzung: "Sie lebt nicht in der von mir bevorzugten Beziehungsform" - Schlampe!
"Sie ist halt ne Schlampe!" Übersetzung: "Wie kann sie es wagen, sich nicht meinen Konventionen anzupassen!"
Abhängig von der Definition kann man jede, wirklich jede Frau als Schlampe bezeichnen. Dieses Wort ist lediglich eine Tarnung, und zwar eine ziemlich heuchlerische noch dazu, für die eigene Intoleranz eines bestimmten Lebensstils. Und rührt diese Intoleranz eben aus dem klassischen patriarchalischen Gesellschaftsmodell, das unter anderem den Bestandteil der Kontrolle des weiblichen Geschlechts hat. Und das weibliche Geschlecht kontrolliert man am besten indem man seine Sexualität kontrolliert (Beschneidung sag ich da nur). Daher gibt es die Heilige-Hure-Dualität. Die guten, kontrollierbaren Frauen (bzw. die gänzlich ohne Sexualität wie Mutti) sind die Madonnen und die anderen sind eben "Schlampen!". Und die, ja die haben es nicht besser verdient, als vergewaltigt zu werden, wenn sie nicht brav sind.
Ich will dieses Modell auflösen. Ich will dieses Wort kaputtficken. Ich will, dass es jegliche Bedeutung verliert, dass es verschwindet, oder, dass es meinetwegen als Worthülse bleibt, dafür aber keine moralische Keule mehr mit sich schwingt. Ich will, dass es dieses Konzept nicht mehr gibt, und als Mittel bin ich gern bereit, Worte umzudefinieren. Und wenn der Umdefinierungsprozess provozierende Maßnahmen und den In-Your-Face-Effekt von provozierender Kleidung erfordert, dann bin ich bereit, auch diese Mittel einzusetzen.
Frauen, ihr seid nicht gut oder schlecht aufgrund eurer Sexualität, eurer Attraktivität, eurer Kleidung oder eures Liebeslebens. Ihr seid gut oder schlecht, wenn ihr anderen schadet oder nützt.
Montag, 29. August 2011
Hasen und Hamster
Eines Tages schmeißt du den Job hin. Und zwar praktisch. Theoretisch hast
du ihn ja schon vor Monaten hingeschmissen, und zwar an dem Punkt, wo du nicht
nur keine Arbeitsmoral übrig hattest, sondern, wo es dir dann auch egal war,
dass deine Vorgesetzten es gemerkt haben.
Hättest du nur wahrgenommen, was du dir selbst die ganze Zeit zu sagen
versucht hast: Das Phantomklingeln nachts, dass dir bei Radiosendungen die
Telefonstimmen der Anrufer plötzlich unangenehm waren, wie deine Stimme immer
monotoner wurde und dein Gesicht an deiner Arbeitsnische immer länger, und –
das Schlimmste von allem – wie du gedacht hast, dass alle Menschen in
Deutschland so wären, wie die, mit denen du telefonierst. Hättest du das
wahrgenommen, dann hättest du dich und deine sich nicht regenerierenden
Nervenzellen schnell aus dem Callcenter befördert. Du hättest die Tatsachen um
dich herum beobachten sollen. Deine Kollegen waren keine schlechten Menschen,
aber noch bevor du auch so geworden bist wie sie, hättest du merken müssen,
dass sie wie Roboter reden, wenn sie telefonieren. Wenn der Fernseher während
der Arbeit lief, hättest du gesehen, dass sie sich über betrogene Frauentausch-
und Mitten-im-Leben-Gestalten dort lediglich lustig machen und nicht mal ein
Tröpfchen Empathie empfinden; dieses fehlende Tröpfchen hätte dich skeptisch
machen müssen. Und als du gesehen hattest, wie ernst sie ihre Aufgabe – das
telefonische Verkaufen von Produkten aus Dauerwerbesendungen, zu überteuerten
Preisen und Portokosten – nehmen, hättest du nicht nur die Alarmglocken, du
hättest Hurricane-Warnsirenen hören müssen. Und spätestens als die sensible
Theaterwissenschaft-Studentin und die alternative Poetry-Slam-liebende
Veganerin den Laden nach kürzester Zeit verließen, spätestens dann hättest du
auf deine Intuition hören müssen, die dir sagte, dass du etwas moralisch
fragwürdiges machst.
Aber du hast gekämpft. Gegen Windmühlen. Die Kunden haben nicht plötzlich
die Tugend der Höflichkeit erlernt, die Produkte wurden nicht besser oder
zumindest ihr Preis angemessener, die Werbung nicht weniger penetrant und die
Kollegen haben auch nicht damit begonnen, ihr Handeln zu reflektieren. Nur du
hast dich ein Jahr lang beleidigen und unterbrechen lassen, warst der Sündenbock
der Kunden und der Vorgesetzten, musstest den berechtigten
sowie den belanglosen Unmut beider Parteien ausbügeln, hast deine eigene
Verzweiflung ignoriert. Du hast Vorurteile gegenüber Menschen mit Dialekten
entwickelt, dann Vorurteile gegenüber Menschen bestimmten Alters, bestimmter
Herkunft, bestimmter Region und dann gegenüber allen anderen Menschen. Und du
hast dich nicht getraut zu glauben, dass du – ja auch du - dir zu schade für
einen Job sein kannst, wie die angehende Theaterwisenschaftlerin und die
Veganerin. Bist du nun arrogant, weil du dich für besser als deine ehemaligen Kollegen
hältst? Und bist du nicht eigentlich irgendwo verachtenswert, weil du das
inkonsequenterweise erst nach einem Jahr eingesehen hast?
Du hast versucht tapfer zu sein, aber du bist es nicht, du bist ein
Angsthase. Du hattest Angst vor einer leeren Geldbörse und auch vor pöbelnden
Kunden. Doch am meisten Angst – und das spricht eigentlich für dich – hattest
du vor dem, was dieser Job aus dir machen wollte: einen verbitterten Misanthropen.
Du bist sensibel. Du hasst es, dich ungerecht behandelt zu fühlen. Du hasst es,
ein Fußabtreter zu sein. Du hasst es, den Menschen auf ihre Rüpelhaftigkeit
nicht mit Süffisanz begegnen zu können. Damit bist du ganz und gar ungeeignet
für ein Callcenter. Und Schande über dich, dass du es erst jetzt merkst.
Ein bisschen neidisch bist du schon auf die anderen, die dort weiterhin ihr
Geld verdienen können. Vielleicht brauchen sie es nur dringender als du. Du
wünschst dir auch, du könntest, wie ein Hamster im Laufrad, weiterhin in diesem
Job bleiben, aber du bist nicht tapfer genug, um neben ihnen um die Wette auf
der Stelle zu treten, und zu sehen, wie die Wand daneben sich niemals ändert
und wie die selbe Speiche mit dem roten Fleck immer wieder an dir vorbeikreist.
Vielleicht haben sie dich zum Schluss auch dafür verachtet, dass deine Stimme
deine Stimmung verraten hat und deine Stimmung einfach niedergeschlagen war.
Aber dir ist das egal, du willst nicht einmal sauer auf sie sein. Du lehnst
dich zurück und wartest auf den Augenblick, wenn du sie verachtest, weil ihnen
ihr Job anscheinend ernsthaft gefällt und auf den Augenblick, wenn du sie
bemitleidest, weil sie anscheinend vergessen haben, dass es Jobs außerhalb des
Callcenters gibt, Jobs, die keine Laufräder sind.
Eines Tages schmeißt du den Job hin; und dann wirst du, als der sensible
Mensch der du bist, Existenzängste haben, du wirst dich wieder auf die Suche
machen, du wirst dich wieder irgendwo als nervöser Neuling einarbeiten müssen,
du wirst unsicher sein und nicht tapfer genug, da zu bleiben wo du warst wo du
hinter dem Gedanken stehen musst, Menschen abzuzocken. Du wirst dich trauen,
ein Angsthase zu sein.
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