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Montag, 16. Juli 2012

Aliens Volume 2 - Bullshit edition

So, meine Bachelorarbeit ist abgegeben, die Prüfungen sind bald vorbei. Meine Zeit an der Uni ist bald (vorerst?) zuende und ich dachte, dass ich hier daher endlich mal etwas Sinnvolles und Kreatives tun würde und ein neues Werk posten würde. Naja, nachdem ich endlich mit einem sinnlosen Schriftstück fertig bin, dass eh nur von 0,5 Menschen gelesen werden wird. Doch anstatt meine aufrichtigen Gedanken und Gefühle offen mit einem neuen Bild zu zeigen, muss ich mich in diesem Post doch nur wieder hinter aggressivem, polemischem Geschreibsel verstecken. Und zwar wegen der Uni. Was soll ich sagen, die Uni bringt mich dazu, hier wieder als ein wütender und verbitterter Mensch aufzutreten. Fick die Uni, wie man so schön sagt.

Nicht nur, dass die Uniabteilung an der ich studiere, voller Baldrentner mit verstaubten didaktischen Methoden und überholten Informationen ist. Nicht nur, dass ich die vernünftigen Menschen unter den Lehrkräften, die ich tatsächlich auch für Menschen und nicht für Aliens halte, an einer Hand abzählen kann. Nein: Alte, Katzenoma-Dozentinnen, die die Studenten als "Kinderchen" bezeichnen; Midlife-Crisis-Motorrad-Professoren, die stolz sind, Studenten durchfallen zu lassen; peinliche Schweißfleck-Eunuchen, die Studentenpärchen nach ihren Beziehungen fragen - das sind halt noch alles Dinge zwischen Realsatire und Ärgernis. Darüber lästert man bestenfalls im Aufzug und regt sich schlimmstenfalls rauchend auf. Und was wäre ein Studium ohne solche mehr oder weniger harmlose "Schrulligkeiten"? Dann hätte es doch keine Würze... (Oder meine Toleranz gegenüber diesen ganzen Intellektuellen-Parodien hat sich zu einem leichten Masochismus entwickelt...)

Wie auch immer, ich will sagen, dass die vielen vielen unangenehmen Gestalten und Vorfälle an meiner Uniabteilung noch harmlos sind im Vergleich zu dem Grad der Bösartigkeit, die ich dieses Semester erlebt hab. Ich spreche hier von einem ganz besonderen Exemplar einer Lehrkraft. Der Einfachheit halber nennen wir dieses Alien, dass sich die Haut eines kleinen dicken alten Mannes übergezogen hat, Prof. Waldefried Hetz.

Prof. Hetz leitet in seinem letzten Jahr vor der Rente ein Seminar, in dem er zwar mit uns, den Studenten, (zum Thema Europa) arbeiten soll. Dabei nutzt er aber gern ein Drittel bis eine Hälfte der Unterrichtszeit dazu, vor den jungen und vermeintlich leicht beeinflussbaren Studenten Hasspredigten zu halten. Ich dramatisiere über? Keinesfalls. Um die Bösartigkeit von Prof. Hetz zu verdeutlichen, dürfte es genügen, seine Aussagen aus diversen Seminaren zu zitieren (zu denen ich leider gegengen bin, anstatt einfach zu schlafen).

Prof. Hetz hat eher eine konservative Sicht der Dinge. Vor allem glaubt er nicht an die Natürlichkeit oder auch nur die gleichberechtigte Stellung von Homosexualität gegenüber Heterosexualität. Indirektes Zitat:

"...wir mussten früher in der Schule unbedingt ein bis zwei Gedichte rezitieren. Mein Sohn dagegen muss das nicht. Dafür hat er Sexualkundeunterricht. Er ist gerade zwölf Jahre alt und ist dafür schon gefragt worden, ob er homosexuelle Erfahrungen gemacht hat. Ihm wird also erzählt, dass das etwas Natürliches ist, das müssen Sie sich mal vorstellen... Ich habe in der Schule protestiert, doch das gehört jetzt zum Lehrplan, haben sie gesagt... Wenn Sie sich über das antike Griechenland belesen, dann werden Sie feststellen, dass genau diese Denkweise zum Untergang dieser Kultur geführt hat. Und das wird früher oder auch später zum Untergang der europäischen Zivilisation führen."

Prof. Hetz scheint aber nicht nur an die Überlegenheit von heterosexuellen Menschen zu glauben, und mit Unwissen über die Aufspaltung und den Untergang des antiken Griechenlands zu glänzen. Sondern scheint er auch von der Überlegenheit einiger indoeuropäischer Ethnien (vorzugsweise derjenigen mit der helleren Haut) gegenüber anderen überzeugt zu sein. Indirekte Zitate:

"...Die Basken und die Georgier sind einigen Theorien zufolge verwandte Volksgruppen. Sie sind eher den Arabern näher als den Europäern."


"...ja, der baskische Terror ist eine ganz furchtbare Sache. Das habe ich selbst miterlebt. Was soll ich sagen, diese Neigung zum Terrorismus ist..." direktes Zitat: "...keine europäische Mentalität."

Ich frage mich auf welche raffinierte Weise Prof. Hetz es eigentlich zur Habilitation gebracht hat, ohne jemals von der RAF oder IRA gehört zu haben. Er scheint bei sich zuhause wohl auch kein Radio, Fernsehen oder Internet zu empfangen, denn anderweitig kann ich es mir nicht erklären, wie er noch nie von Anders Breivik oder Beate Zschäpe gehört oder ein Bild von diesen Menschen gesehen hat. Aber davon mal abgesehen, Prof. Hetz ist halt einfach ein großer Fan von Europa. Indirektes Zitat:

"Das Konzept Europäische Union ist meiner Meinung nach der Höhepunkt menschlicher Kultur und Zivilisation."

Ja... Prof. Hetz ist wirklich ein großer Fan von Europa und auch der EU, die Art Fan, die neben einem sein T-Shirt auszieht und seinen verschwitzten Körper, in dem Versuch eine Moshpit zu starten, immer wieder gegen einen schmeißt, und einen dabei auch noch mit Bier übergießt. Doch sogar was sein geliebtes Europa angeht ist er wählerisch. So gibt es in EU-Ländern, seiner Meinung nach, noch einige minderwertige Bevölkerungsgruppen. Indirektes Zitat:

"Ich hatte immer Angst, nach Rumänien zu verreisen. Doch nun war ich da und es war doch ganz gut. Wissen Sie ein Kollege hat mir erzählt, dass ihm in kürzester Zeit ein ganzes Auto auseinander genommen wurde." direktes Zitat: "Gut, aber das sind Zigeuner. Das ist ja eine andere Rasse..."

...und muss ich es an dieser Stelle noch weitere Beispiele für den unglaublichen Bullshit dieses Mannes bringen? Ja, das letzte ist wirklich ein direktes Zitat. Reicht dieser Eindruck von Prof. Hetz nun, um zu verstehen, warum ich überzeugt bin, dass seine Bösartigkeit nicht ansatzweise von den anderen Gestalten der genannten Uniabteilung übertroffen werden kann? Er ist eine ganz andere Liga von Alien. Mein Hass auf ihn fühlt sich auch fast schon an wie ein Parasit, der in meinen Innereien wühlt und irgendwann durch meinen Brustkorb nach Außen herausbrechen wird. ***Achtung, Bierkutscher-Wortschatz!*** Prof. Hetz ist einfach der schlimmste bigotte, heuchlerische, selbstverliebte, arrogante, homophobe, rassistische, schleimerische, egozentrische, hetzerische, xenophobe kleine psychisch gestörte Wichser, dem ich jemals begegnet bin. Und ich warte nur auf den Tag, an dem ich ihm zufällig auf der Straße begegne, um ihm das alles ins Gesicht sagen zu können.

Dienstag, 15. November 2011

Niemand kann ein Künstler werden wollen

Verwirrender Titel.

Aber ich bin ja auch verwirrt. So geht es einem Menschen, der fast einen ersten akademischen Abschluss hat und feststellt, dass das was er tut, nicht das ist, was er tun sollte. Ich studiere Übersetzen, ein uneheliches Kind von Geistes- und Kommunikationswissenschaft. Das klingt jetzt negativer als es ist. Es macht natürlich nur Spaß in der praktischen Anwendung, die Theorie ist schon langweiliger, und das wissenschaftliche Arbeiten ist gar lästig. Vielleicht bin ich nicht zur Akademikerin berufen, aber der Norm- und Ordnungszwang der Bibliographie-Richtlinien allein muss wohl dem Vogonen-Planeten entsprungen sein. Von persönlichen Antipathien gegenüber einigen Dozenten mal abgesehen... egal, ich schweife ab:

Ich wollte, seit ich einigermaßen bewusst und windelfrei lebe, immer nur zwei Dinge tun: Geschichten schreiben und Bilder malen. Oft habe ich diese beiden Passionen verdrängt, doch sie kamen immer wieder hoch, wie ein Ball, den man im Schwimmbad unter Wasser drückt. Dann habe ich beschlossen, etwas zu studieren, was mir zwar gut gefällt, was aber nicht meine Passion ist. Und zwar bewusst beschlossen. Und jetzt – Überraschung! – stelle ich fest, dass ich lieber etwas anderes tun will, lieber etwas anderes sein will. Natürlich will ich ein Künstler sein, aber was ich nicht will, ist Künstler werden.

Wo ist der Unterschied? Nun, ich glaube, manche Künstler verbringen ihr Leben auf Sparflamme, wartend, gehemmt durch die eigenen Erwartungen an sich selbst. Manche warten auf den Moment der Größe und wollen gleich der nächste Dalí (für Literaten wahlweise – Goethe) sein. Sie wollen, dass ihre Kunst sie überlebt und vielleicht noch zu Lebzeiten berühmt macht. Und damit – glaube ich – wollen sie die Kunst instrumentalisieren. Der Zweck der Kunst ist dann nicht sie selbst, sondern der Künstler.

Manche Künstler dagegen widmen sich ganz ihrer Passion, werden Illustratoren oder Berufsschreiberlinge und fragen sich dann, warum das, was sie tun, plötzlich ein Handwerk ist, und keine Leidenschaft mehr und warum sie sich manchmal zum Arbeiten zwingen müssen, wo es doch früher solchen Spaß gemacht hat.

Aber am besten haben es eigentlich diejenigen verstanden, die als Kellner und Kassierer arbeiten und abends in ihrem Kämmerlein malen bzw. wild auf dem Laptop rumtippen. Ich vertrete ja die durchaus radikale Ansicht, dass Kunst frei bleiben muss, niemals fremdbestimmt, nicht gebunden an Aufträge – denn dann wird sie zur Interpretation, oder vor allem Geld – denn dann wird sie zum Handwerk. Ein Paradebeispiel dafür ist die russische Literatur des Goldenen Zeitalters (frühes 19 Jahrhundert). Wahre Klassik, geschrieben ausschließlich vom Adel, der frei war von existenziellen Sorgen, pragmatischen Problemchen und sonstigen Zahnschmerzen und somit in seinen Entfaltungsmöglichkeiten auch völlig uneingeschränkt.

Das ist der Grund, warum ich mir einen Beruf ausgesucht habe, der nicht meine Passion ist. Wenn es schon Geld oder Liebe sein soll, dann doch bitte nicht gleich die große Liebe. Schade ist nur, dass ich das zum Zeichnen gehörende Handwerk nicht systematisch sondern stückchenweise und aus verschiedensten Quellen lerne.

Ich will jetzt übrigens nicht sagen, dass jeder, der aus seiner Liebe seinen Beruf macht, falsch liegt. Nein, ich finde diesen Mut sogar sehr bewundernswert. Aber die höchste und lobenswerteste Motivation, kreativ zu werden, ist meiner Meinung nach, nicht potentieller Ruhm oder Geld, sondern immer die Idee und die Erschaffung selbst. Und während dieses Schaffensprozesses ist man ein Künstler, und wenn man kurz vom Schreibtisch aufsteht, um eine rauchen zu gehen, ist man es nicht. Deswegen behaupte ich: Man kann nicht Künstler werden, man kann auch nicht Künstler werden wollen, sondern nur Künstler sein. Und man ist es dann auch sein ganzes Leben lang, aber mit Pausen, und zwar wenn man gerade kellnern bzw. übersetzen muss.

Donnerstag, 30. Juni 2011

Frikadelle des Anstoßes

- Jede Mensa hat ein vegetarisches Angebot, es ist sehr wichtig, aber nicht sehr umfangreich. Manche Mensen meinen, alle paar Monate mal einen ausschließlich vegetarischen Tag einlegen zu müssen.

- Das ist wichtig für das Klima, aber auch für das Ego der Organisatoren.

- Manche Fachschaftsräte meinen daraufhin auf dem Campushof einen Grill aufstellen und Protest-Bratwürste grillen zu müssen. Das ist wichtig für alle Männer, die keinen Tag ohne Tier auf Toast auskommen können.
Ich beurteile hier nichts moralisch. Ich weiß ja auch gar nicht, ob ich diesen Veggie-Tag für eine gute oder schlechte Idee halte. Stattdessen freu ich mich nur über ein breiteres fleischloses Angebot.

- Es ist doch aber so, dass Menschen von Natur aus Allesfresser sind. Deswegen haben wir sowohl Eckzähne, die evolutionsgeschichtlich zum Reißen der lebendigen Beute vorgesehen waren sowie Vormahl- und Mahlzähne zum Zermalmen harter (zellulosehaltiger) Nahrung.

- Gehen wir von dem Natur-Argument aus, so sind Menschen wahrscheinlich auch nicht für monogame Beziehungen vorgesehen. Unsere nächsten Verwandten, die Zwergschimpansen und Schimpansen leben in fröhlichen, Harem-artigen Zuständen und auch wir wechseln im Leben mehrmals den Partner. Es ist für Menschen ebenfalls nicht natürlich zu fliegen und sich Organe herausnehmen zu lassen. Dennoch stecken wir uns Ringe an die Finger, fliegen in den Urlaub und lassen nahezu problemlos Blinddarmoperationen durchführen. "Natürlich" bedeutet weder "moralisch richtig" noch "moralisch falsch" und es bedeutet ebenso wenig "vorbestimmt". Wir sind doch sonst so stolz über den Sieg der Wissenschaft über die Natur, der uns ermöglicht ein komfortables und schmerzfreies Leben zu leben und 90 Jahre alt zu werden. Solange es um unseren Komfort geht, stört es uns nicht, wenn etwas unnatürlich ist. Überhaupt stört es uns nur dann, wenn es darum geht, unseren Komfort vielleicht einschränken zu müssen.

- Man braucht Proteine und Eisen zum Überleben. Fleisch enthält die nötigen Stoffe in den nötigen Mengen, die der menschliche Organismus evolutionsbedingt zum Überleben braucht.

- Es ist einfacher, sich die nötigen Proteine und das Eisen aus dem Fleisch zu holen, doch es ist nicht unmöglich, sie zum Beispiel ebenso aus Milchprodukten, Eiern, Nüssen und roten Früchten und Beeren zu beziehen. Wenn man Lust hat und sich Mühe gibt, kann man sich leicht im Internet über die entsprechenden Lebensmittel informieren. In einer hochentwickelten Zivilisation gibt es immer Alternativen und niemand muss dann an Mangelerscheinungen leiden. Sonst würde ja jeden Tag irgendwo ein Vegetarier vom Bürostuhl fallen.

- Tiere essen sich auch gegenseitig. Wenn man alle lebendigen Organismen auf der Welt bedenkt – also auch Plankton zum Beispiel – so ist es doch das Schicksal der meisten Kreaturen, gefressen zu werden. Und wenn ein Tiger zum Beispiel die Gelegenheit hat, einen Menschen zu fressen, wird er es tun. Die Natur hat es eben so eingerichtet, dass das Überleben eines Organismus vom Tod der anderen Organismen abhängt. Auf die Spitze getrieben könnte man sagen, ohne diese Wechselwirkung gäbe es nicht das Prinzip der natürlichen Auslese und keine Evolution.

- Tiere jagen und fressen sich gegenseitig in ihrer natürlichen Umgebung, das ist richtig. Und niemand will hier der Natur in ihre Wirkungsmechanismen reinreden. Aber, um das Problem mit diesem Argument näher beschreiben zu können, müsste man ein bisschen weiter ausholen.
Und zwar: Es gibt in der Industriewelt einfach zu viele Menschen. Ja, zugegeben, in Regionen wie Südostasien gibt es viel zu viele Menschen, aber die haben einen quantitativ anderen Fleischkonsum als der Westen (und es wäre auch monströs, wenn ihr Fleischkonsum genau so hoch wie der des Westens wäre). Nein, aber es sind wir, die den Luxus, den wir einmal mit Hilfe der Industrialisierung und der Massenfertigung erlangt haben, nicht mehr missen wollen. Wir brauchen unsere Grillwochenenden und unsere McDonalds Burger nach einer Party nachts um halb vier. Aber die Tiere, aus denen das Ganze gemacht wird, werden nicht von uns in natürlicher Umgebung gejagt, sondern extra dafür erschaffen, um gegessen zu werden. Und zwar in automatisierten Verfahren, die eine Massenverarbeitung des von ihnen stammenden Fleisches ermöglichen. Ist es möglich, ein Tier noch mehr von seiner natürlichen Umgebung zu entfernen? Das Problem mit diesem Argument ist also nicht, dass sich Lebewesen gegenseitig töten – weil es ja natürlich ist – sondern, dass man dieses gegenseitige Töten nicht mit der Massentierhaltung und unserer Art, Tiere zu töten, vergleichen kann.

- Tiere haben keine Selbstwahrnehmung, also macht es nichts, wenn wir sie nur als Fleischproduzenten halten, sie nehmen es nicht wahr und sie leiden ja möglicherweise gar nicht, sie kämpfen nicht um das Überleben, leiden keinen Hunger oder Kälte und kennen auch kein anderes Leben.

- Über die Selbstwahrnehmung und die Empfindungen der Tiere weiß man noch nicht alles und es wird noch geforscht. Tatsache ist aber, dass sie Schmerzen, Freude, Trauer und Empathie auf einem grundlegenden Level empfinden können. Manche Hunde und Katzen (vor allem solche, die nicht gegen ihr Spiegelbild kämpfen) vermitteln den Eindruck, dass sie sich selbst sehr wohl wahrnehmen können.
Wir haben zwar schon gesagt, dass wir unser Leben nicht unbedingt wie von der Natur vorgesehen leben müssen. Wir tun das vor allem um unser Leben zu verbessern, aber bei der Massentierhaltung ist das ja wohl sicher nicht der Fall. Das ist zwar nur Spekulation, aber ich vermute, dass Tiere die ihr ganzes Leben in der Massentierhaltung verbringen sehr wohl Leid empfinden und zwar aus dem Grund, dass ihre Lebensbedingungen bedeutend schlechter sind als in der freien Natur. Denn obwohl sie nicht verhungern oder frieren, so fehlen doch den Kühen zum Beispiel Wiesen und frische Luft oder frisches Gras oder den Schweinen die Möglichkeit im Dreck zu wühlen oder sich generell zu beschäftigen (und ihre Instinkte sagen ihnen ja vielleicht, dass sie das gern tun würden).
Wer weiß, wie die Menschheit in ein paar Jahrhunderten über Massentierhaltung denken wird. Tendenziell – und das ist doch sehr gut – neigen wir dazu, immer humaner mit den Schwachen umzugehen. Zunächst hören wir auf, unsere Sklaven zu Tode zu prügeln – oder überhaupt zu versklaven, dann stellen wir fest, dass wir unsere Kinder besser behandeln müssten, dann beschließen wir, dass Frauen, Farbige und Homosexuelle ebenbürtige Menschen sind (manche Gesellschaften sehen das nach wie vor anders, aber dazu ein anderes Mal mehr). Wer weiß, wie sich die Tierethik in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird. Ich werde das gespannt beobachten.

- Aber du trägst doch selbst eine Lederjacke.


- Ja, das ist wahr (obwohl die schon alt ist). Ich habe mich ja kein einziges Mal als Vegetarierin bezeichnet. Ich habe auch nicht behauptet, dass ich außerhalb des westlichen Konsumverhaltens stehe, dazu bin ich zu sehr von viel zu vielen gesellschaftlich determinierten Faktoren beeinflusst. Was ich aber hoffe ist, dass ich nicht aufhören werde, zumindest darüber nachzudenken und dass noch mehr Menschen in Zukunft darüber nachdenken...und dass das Lederimitat in Zukunft ein bisschen hochwertiger aussieht.

Dienstag, 14. Juni 2011

Oompa Loompas

Na, wie lange hat es gedauert, bis ich mein Vorhaben gebrochen habe, mich hier nur in sublimierter Form mit eigener Kunst (Kunst?) als Mensch darzustellen? Es waren nicht einmal zwei Monate.
Aber da wir nun einmal in einem Zeitalter leben, wo virtuelle Ehrlichkeit viel ehrlicher ist, als die unter Zeitdruck auf Partys entstandene und mit Füll-Lauten durchsetzte reale Kommunikation, soll es eben so sein. Ich sublimiere jetzt sogar die eigenen Gedanken und Empfindungen. Und stelle sie hier strukturierter und kunstvoller als in der Realität dar. Für etwas noch ausgefeilteres – wie eine Kurzgeschichte – fehlt mir gerade die Kreativität. Sie wird ironischerweise von einem eigentlich geisteswissenschaftlichen Studium aufgefressen.

Das Studium an sich ist aber eigentlich nicht geisteswissenschaftlich. Oder etwa doch? Ich bin äußerlich jedenfalls kein typischer Geisteswissenschaftler. Ich bin nicht eine von diesen wunderbaren Gestalten, die Dreadlocks haben, antike Diamant-Räder fahren und Second-Hand Klamotten tragen, mit denen die Frauen aussehen wie Feen aus der Mottenkiste und die Männer, wie eine Renaissance der 68-er Bewegung. Ich wäre es aber gern. Ich würde auch gern 14 Semester lang studieren und intellektuell von Kultur und Kabarett und Kafka daherschwafeln. Ich hätte gern ein Wohlfühlstudium im Elfenbeinturm, zusammen mit Schiller und Goethe und Shakespeare. Noch lieber natürlich, mit meinen Landsleuten Puschkin, Tolstoi und Dostojewski.

Stattdessen verbringe ich meine Zeit mit unglamourösen Texten über Analgin, Diodenprüfer, Quantencomputer, Mähdrescher und Umweltzonen. Geschrieben von Oompa Loompas, übersetzt von Oompa Loompas. Wie mir.

Wer sitzt eigentlich am höchsten im Elfenbeinturm? Die Slawisten? Die Philosophen? Oder Kulturwissenschaftler? Die Germanisten sind wohl weiter unten, noch eine Stufe darunter die Linguisten. Die Übersetzer sind gar nicht eingeladen. Sie sitzen nicht im Elfenbeinturm, sie bauen ihn. Sie machen sich so nicht-schöngeistig die Hände an Fachtexten schmutzig, die ja auch irgendwie geschrieben und irgendwie untersucht werden müssen. Wenn jemand mit einem Text ein Werk der schönen Kunst erschafft, dann muss dieser Text in einem anderen Text analysiert werden. Der Mensch, der die Sekundärliteratur schreibt, muss dazu gewiss eine Computersoftware verwenden, die zunächst lokalisiert werden will, was letztendlich die Aufgabe des Übersetzers ist. So nah bin ich an einem geisteswissenschaftlichen Studium dran. So nah, wie das Aussehen eines Oompa Loompa an dem Aussehen einer Fee aus der Mottenkiste.

In einem meiner Module über technische Zeichnungen hat der Prof. (den ich eigentlich sonst nicht mag und nicht zitieren würde) gesagt: "Gute Übersetzer sind wie gute Dichtungen. Wenn sie funktionieren, merkt man nicht, dass sie da sind". Das ist für das eigene Ego keine sehr erbauliche Perspektive, oder? Ich frage mich, ob eigentlich nur heimliche Masochisten und Leute mit Minderwertigkeitskomplexen dieses Studium wählen, Leute, die nicht an die eigene Kreativität glauben, Leute, die zu bescheiden und pragmatisch sind, um sich Schöngeistigkeit zu gönnen (die eine schillernde Karriere bringen kann, aber so oft doch nur der eigenen Selbstverbesserung dient, welche wiederum, wie wir dank Tyler Durden wissen, Masturbation ist). Leute, die sich lieber absichern und aus ihrer Liebe zu Sprachen eher ein Handwerk machen, als eine... eventuell brotlose Liebe zu Sprachen. Oder bin das eigentlich nur ich?

Aber ich muss mich wahrscheinlich für die massiven Verallgemeinerungen entschuldigen. Doch so funktioniert eine Alltagstheorie, und ich drücke hier ja nur meine Zuneigung zu Geisteswissenschaftlern aus


Da ich jetzt beschlossen habe, optimistischer zu denken, am Ende noch ein Lichtblick: Manchmal kommt doch mal ein Text, den zu übersetzen es angenehm sein kann (vor allem wenn es um Schuhe, Katzen oder Kunst geht). Und andererseits kann ein akademischer Abschluss ja zum Glück immer noch so etwas wie ein Türöffner sein... vielleicht dahin, wo die Leute aus dem Elfenbeinturm auch hingehen.