Samstag, 15. Oktober 2011

Slutwalk in meiner Stadt

Ich bin den Schlampenmarsch gelaufen. Zwar waren für nackte Haut in Leipzig in Oktober nicht die passenden Temperaturen, aber dafür habe ich meiner Unterstützung mit selbstgestalteten Plakaten Nachdruck verliehen:

Her lips say NO...

...but her eyes say NO

Ihrs

Pink ist Trendfarbe

Love sex, hate rape... and love music too!

Tapfere Miniröcke

It's okay to be gay too...

...even Madonna is gay sometimes!

Die coolen pinken Trommler

Genau, Diskriminierung ist eh nicht angesagt


Und "Nein" heißt "Nein"

Umfunktionierte Möbelkartons, nun im Besitz von Susanne
Vielen Dank an Susanne für ihre enthusiastische Unterstützung und ihren Einsatz als Plakatpartnerin.

P.S: Die Presse mochte meine Werke übrigens auch.


 26.10.11 c.a. 03:00 Uhr

Schlampe! Fotze! Hure! - Nachtrag zum Slutwalk

Viele Menschen verstehen nicht, was es mit den Schlampenmarsch auf sich hat. Viele Frauen fühlen sich beleidigt durch die Prämisse, dass alle Frauen Schlampen sind. Sie befürchten, dass das weibliche Geschlecht durch die Übersexualisierung seiner selbst noch weniger von den Männern ernst genommen wird. Und hardcore Feministinnen der zweiten Welle haben vermutlich schon ganz platte Nasen vor lauter "Facepalms". Egal, ich stehe der dritten Welle des Feminismus und in gewisser Weise auch dem sexpositiven Feminismus positiv gegenüber. Und ich stehe zu dem Slutwalk. Und hier der Grund, warum:

Alle Frauen sind Schlampen. Keine Frau ist eine Schlampe. "Schlampe" ist für mich ein Wort ohne Inhalt und Relevanz. Denn "Schlampe" ist kein objektiv definierter Begriff, das Wort "Schlampe" ist vielmehr ein Instrument, und zwar - fucking ja - ein urpatriarchalisches Instrument der Unterdrückung. Von Frauen. Durch die Unterdrückung ihrer Sexualität.

Um jemanden als Schlampe zu bezeichnen gibt es keine festgelegten Kriterien, dieses Wort wird nicht in Zusammenhang mit bestimmten Umständen zum Verhalten einer Frau verwendet, sondern vielmehr im Zusammenhang mit Umständen, die jeder für sich selbst definiert, sie sind von persönlichen Geschmack abhängig, und das kann eigentlich alles sein:

"Mir gefällt es nicht, dass eine Frau viele Sexualpartner hat" Übersetzung: "Von einer gesunden weiblichen Libido fühle ich mich bedroht, denn ich kann diese nicht - und die Frau somit ein Stück weniger - kontrollieren." - "Schlampe!"

"Mir gefällt es nicht, dass eine Frau mit jemandem Schluss gemacht hat und einen neuen Freund hat" Übersetzung: "Wie kann sie nur..? Wie kann sie es wagen, einen Mann unglücklich zu machen, als Frau, (die sind es doch, die immer leiden sollen, aber ein Mann... OMG!"  - Schlampe!

"Diese bunten kurzen und auffälligen Klamotten sehen nuttig aus" Übersetzung(en): "Sie traut sich, aufzufallen. Und das gefällt Leuten auch noch. Warum beachtet man mich nicht so sehr"/"Ich mag ganz einfach ihre Klamotten nicht." - Schlampe!

"Sie hat zwei Typen gleichzeitig." Übersetzung: "Sie lebt nicht in der von mir bevorzugten Beziehungsform" - Schlampe!

"Sie ist halt ne Schlampe!" Übersetzung: "Wie kann sie es wagen, sich nicht meinen Konventionen anzupassen!"

Abhängig von der Definition kann man jede, wirklich jede Frau als Schlampe bezeichnen. Dieses Wort ist lediglich eine Tarnung, und zwar eine ziemlich heuchlerische noch dazu, für die eigene Intoleranz eines bestimmten Lebensstils. Und rührt diese Intoleranz eben aus dem klassischen patriarchalischen Gesellschaftsmodell, das unter anderem den Bestandteil der Kontrolle des weiblichen Geschlechts hat. Und das weibliche Geschlecht kontrolliert man am besten indem man seine Sexualität kontrolliert (Beschneidung sag ich da nur). Daher gibt es die Heilige-Hure-Dualität. Die guten, kontrollierbaren Frauen (bzw. die gänzlich ohne Sexualität wie Mutti) sind die Madonnen und die anderen sind eben "Schlampen!". Und die, ja die haben es nicht besser verdient, als vergewaltigt zu werden, wenn sie nicht brav sind.

Ich will dieses Modell auflösen. Ich will dieses Wort kaputtficken. Ich will, dass es jegliche Bedeutung verliert, dass es verschwindet, oder, dass es meinetwegen als Worthülse bleibt, dafür aber keine moralische Keule mehr mit sich schwingt. Ich will, dass es dieses Konzept nicht mehr gibt, und als Mittel bin ich gern bereit, Worte umzudefinieren. Und wenn der Umdefinierungsprozess provozierende Maßnahmen und den In-Your-Face-Effekt von provozierender Kleidung erfordert, dann bin ich bereit, auch diese Mittel einzusetzen.

Frauen, ihr seid nicht gut oder schlecht aufgrund eurer Sexualität, eurer Attraktivität, eurer Kleidung oder eures Liebeslebens. Ihr seid gut oder schlecht, wenn ihr anderen schadet oder nützt.

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